Die Geschichte vom Stuckenborsteler Glockenturm

Der Glockenturm ist fester Bestandteil des Stuckenborsteler Dorfplatzes

Oder: Warum es gelegentlich am Montag um 9 Uhr läutet.

Jeder kennt ihn, jeder hört ihn - auf dem Stuckenborsteler Dorfplatz steht ein großer, hölzerner Glockenturm. Meistens läutet er nur mittags und am Sonntag Morgen. Und im Sommer auch abends. Warum? Und vor allem, warum ertönt heute, an einem ganz normalen Montag Morgen, ebenfalls die Glocke?

Der folgende Text soll Aufschluss über die Herkunft und die heutigen Aufgaben des Stuckenborsteler Glockenstuhles geben.

Der Vorvorgänger des Glockenturmes stand auf der Westseite des Schulhofes, die Glocke am Turm musste jedoch wieder an die Ansgari-Kirchengemeinde in Bremen zurückgegeben werden. Daher wurde im Jahre 1950 ein neuer Glockenstuhl errichtet dessen Glocke vom Feuerschiff II „Norderney“ stammt. Rudolf Oehlerich, damals wohnhaft in der Stuckenborsteler Heide, fertigte den Klöppel an und schlug sein Zeichen R.O. (Rudi Oehlerich) ein. Aber auch dieser Glockenstuhl wurde 1987 abgerissen und durch einen neuen ersetzt, der ebenfalls nach einem Jahr nicht mehr genutzt werden durfte, da er beim Läuten angeblich wackelte.

Fast fünf Jahre lang wurde in Stuckenborstel nicht geläutet, was zahlreiche Stuckenborsteler Bürger bekümmerte. Erst nach langen Verhandlungen und Nachbesserungen ertönte am 24. März 1992 wieder die Glocke vom Feuerschiff. 

Damals diente das Läuten dazu, den Tagesablauf zu regeln. Die Arbeit fand im Haus, auf dem Hof oder dem Feld statt, der Alltag war strikt geregelt und in feste Zeiten eingeteilt. Auch wenn sich der Tagesablauf vieler mittlerweile gelockert hat und vor allem nicht mehr nur in Stuckenborstel, sondern auch auswärts im Büro, etc. stattfindet, erklingt die Glocke immer noch zu den gleichen Zeiten wie früher:

- An jedem Wochentag (Montag bis Sonnabend) wird die Glocke um 11:30 Uhr geläutet. Damals war dies ein Zeichen für die Hausfrauen, die Kartoffeln auf den Herd zu setzen, damit pünktlich um 12 Uhr das warme Mittagessen auf dem Tisch stand.

- In den Sommermonaten von Mai bis Oktober erklingt die Glocke zusätzlich um 18:00 am Abend.

- Am Sonntag Morgen erinnert sie um 9:00 Uhr an den Kirchenbesuch.

- Die ersten Minuten des neuen Jahres werden ebenfalls durch die Glocken eingeläutet. Jedes Jahr um 23:50 Uhr trifft man sich auf dem Dorfplatz, um unter dem Glockenturm in das Neue Jahr zu feiern.

- Sollte die Glocke außer der Reihe morgens um 9:00 Uhr im Einsatz sein, ist jemand aus dem Dorf verstorben.

Die letzte Glöcknerin war Lydia Lindes, die die Glocke ganze 40 Jahre, von 1967 bis 2008 per Hand erklingen ließ. Sie war in all diesen Jahrzehnten aus der Dorfgemeinschaft nicht wegzudenken und hat sich in vorbildlicher Weise täglich für die Allgemeinheit eingesetzt, bis sie aus Altersgründen diesen ehrenamtlichen Dienst nicht mehr leisten konnte. Frau Lindes verstarb 2013 im Alter von 91 Jahren. 

Da sich kein Nachfolger fand ist heute ein mechanisches Läutwerk im Einsatz. Zwar ist mit Aufgabe des händischen Läutens die letzte alte Tradition Stuckenborstels beendet, doch erinnert der Glockenturm täglich an die gute alte Zeit und sorgt während des Läutens für eine ganz besondere Stimmung im Dorf.

Mehr Informationen und Fotos vom Glockenturm können hier eingesehen werden.

Spritzenhaus und alter Glockenturm, Aufnahme 1983

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